Aufgewachsen in Heidelberg - 50er & 60er Jahre

Kindheit und Jugend

Es sind oft die kleinen Geschichten und alltäglichen Erfahrungen, die uns viel über das Leben von Menschen sagen und darüber hinaus einen Blick freigeben auf die Zeit, die sie umgibt. Heidelbergerinnen und Heidelberger erinnern sich in diesem Buch an die 1950er- und 1960er-Jahre, die sie als Kind oder Jugendliche erlebten. Sie wuchsen auf in einer Stadt, die das Privileg hatte, im nur wenige Jahre zurückliegenden Zweiten Weltkrieg von den Bombardierungen der Alliierten weitgehend verschont geblieben zu sein – bis auf wenige Ausnahmen waren die Straßen und Plätze, auf denen sie spielten, intakt. 

Aus heutiger Sicht erscheint uns das Leben in jenen beiden Jahrzehnten in vielen Aspekten ebenso fern wie staunenswert: Da tut sich eine Welt auf, in der man mit der Milchkanne loszog, um das Getränk im Milchladen, mittels handbewegter Pumpen frisch schäumend aus dem Tank abgezapft, zu kaufen. Eine Welt, in der man kaputte Schuhe noch zum Schuhmacher um die Ecke brachte. Die Lehrer in der Schule waren manchmal ganz schön autoritär und hielten körperliche Züchtigungen für Pädagogik. Im Winter war der Neckar häufig zugefroren, jedenfalls bis 1964, was Kindern wie Erwachsenen ein Mordsvergnügen bereitete. Im »Cave 54« gab sich die Crème de la Crème der Jazzmusik ein Stelldichein, und im Jugendstilbau des Alten Hallenbads lernte man schwimmen.

Die befragten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen lassen diese Welt wieder aufleben, was weniger mit nostalgischer Verklärung zu tun hat als vielmehr mit der Freude am Erinnern an eine besonders lebensintensiven Zeit. Ihre Erinnerungen halten ein Stück Geschichte fest, das andernfalls irgendwann in Vergessenheit geraten würde. Entstanden ist ein Zeitgemälde, das nicht vollständig oder repräsentativ sein kann und will, aber durch die mitwirkenden Personen authentisch und von einer bunten Vielfalt ist. Neben allem Schwierigen und »Überholten« besitzt diese Zeit auch einen Zauber, in den wir eintauchen dürfen.

© Wartberg Verlag GmbH - Quelle: Vorwort aus dem Buch von Arndt Krödel